Forschungswerkstatt #kielerforschen – Wen interessieren schon Straßennamen?

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Veranstaltungsreihe

3.-18. Juli, Pop-Up-Pavillon am Alten Markt 17 in Kiel

Lasst uns über das sogenannte Afrikaviertel sprechen und gemeinsam #kielerforschen!

Vom 3. bis 18. Juli 2024 lädt das Zentrum zur Geschichte Kiels im 20. Jahrhundert der Landeshauptstadt Kiel zur Forschungswerkstatt „Wen interessieren schon Straßennamen?“ ein. Dich erwartet eine interaktive Ausstellung, in der deine Meinung gefragt ist. Es geht um die Geschichte des Viertels, das im Nationalsozialismus geplant und erbaut wurde. Was hat es mit den Straßennamen auf sich, die nach Vertretern deutscher Kolonialpolitik benannt sind? Warum wurden einige bereits umbenannt? Komm vorbei, stelle Fragen und bring deine Ideen zum Umgang mit den Straßennamen ein!

Neben einem Besuch der Ausstellung hast du die Möglichkeit, an einem spannenden Rahmenprogramm teilzunehmen. In Vorträgen, Lesungen und bei Stadtspaziergängen wird über koloniale Spuren in Kiel und anknüpfende Themen NS-Geschichte, Rassismus und Erinnerungskultur gesprochen.

Besuche die Ausstellung im Pop-Up-Pavillon am Alten Markt!

Kontakt:

Zentrum zur Geschichte Kiels im 20. Jahrhundert
Hopfenstraße 30, 24103 Kiel,
geschichtszentrum@kiel.de

Programm:

3. Juli, 18-20 Uhr, Pop-up Pavillon
Warum sollten wir uns heute noch mit Kolonialismus beschäftigen?
Vortrag und Austausch mit Josephine Apraku

Warum sollten wir uns heute noch mit Kolonialismus beschäftigen? Diese Frage steht im Zentrum der Auftaktveranstaltung, die sich mit der Bedeutung deutscher Kolonialgeschichte und ihren Auswirkungen bis heute auseinandersetzt. Was bedeutet der Begriff Kolonialismus eigentlich, warum spielt Rassismus hierbei eine wichtige Rolle und wie prägen koloniale Denkmuster unsere Wahrnehmung? Josephine Apraku gibt hierzu einen spannenden Impulsvortrag und diskutiert die Fragen anhand des Umgangs mit dem sog. Afrikanischen Viertel in Berlin.

Josephine Apraku ist Afrikawissenschaftlerin, Autorin, Lehrbeauftragter und Trainerin für intersektionale rassismuskritische Bildungsarbeit. Josephines Texte erschienen u.a. bei EDITION F, im Missy Magazine und im Tagesspiegel. »Kluft und Liebe« (Eden Books, 2022) untersucht Unterdrückung in Liebesbeziehungen; »Mein Workbook zu Rassismus« und das interaktive Kartenset »Lasst uns über Rassismus reden!« (2023, Familiar Faces) laden Menschen zur rassismuskritischen Selbstreflexion ein.

4. Juli, 18-21 Uhr, Treffpunkt: Hörnbrücke
Kolonialismus war gestern? – Koloniale Spuren im Kieler Stadtbild
Stadtspaziergang mit der Aktion Kinder- und Jugendschutz e.V.
Anmeldung unter geschichtszentrum@kiel.de

Das Deutsche Reich war um 1900 das drittgrößte Kolonialreich der Welt. Imperiale Bestrebungen und Kolonialwaren waren allgegenwärtig im Leben der Bevölkerung. Kiel wuchs als Reichskriegshafen binnen weniger Jahre um mehr als das zehnfache, war Produktionsstätte der Kaiserlichen Marine und Ausgangsort vieler Überfahrten nach Ostasien und Ostafrika. Die Stadt profitierte enorm von der Ausbeutung anderer Länder. Heute hingegen fehlt es an Sichtbarkeit der Orte dieser Vergangenheit, insbesondere mangelt es an Gedenkorten für die Opfer der kolonialistischen Herrschaft.

Auf dem Rundgang werden Orte im Kieler Stadtgebiet besucht und neu kennengelernt. Ein Bewusstsein von Kiels Verbindungen zur Kolonialgeschichte erleichtert es, die Hintergründe des sog. Afrikaviertels besser zu verstehen und in den weiteren Veranstaltungen der Forschungswerkstatt darüber ins Gespräch zu kommen. Der Rundgang dauert ca. drei Stunden, ist etwa 4 km lang (1 Stunde Laufen, ca. 20 Min/Station) und findet auf dem Westufer statt.

Die Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e.V. (AKJS) ist landesweiter Träger des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes und hat 2022 die „Austauschplattform Kolonialismus“ gegründet.

4. + 5. Juli, 9-18 Uhr, Pop-Up-Pavillon
Offene für alle Interessierten

8. Juli, 18-20 Uhr, Pop-up Pavillon
Wohin mit der Geschichte? Perspektiven zur Aufarbeitung des „Afrikaviertels“
Talk von und mit Patricia Vester

Wie sprechen wir über Kolonialgeschichte? Wessen Geschichte(n) teilen wir? Wer hat sie beforscht, wer darf sie erzählen? Wo findet Gedenken statt? Was braucht ein lokaler Aufarbeitungsprozess und wo findet er statt? Wer entscheidet was, in welchem Zeitraum? Wie vermitteln wir Kolonialgeschichte an Kinder und Jugendliche? Wieviel historischen Kontext braucht koloniale Aufarbeitung? Wieviel rassismuskritische Sensibilität brauchen lokale Bildungsangebote (wie Stadtführungen)? Diesen und weiteren Fragen zum Umgang mit kolonialen Stadtspuren und kolonialen Kontinuitäten geben wir Raum. Der Talk richtet sich vor allem an Menschen, die bereits in diesem Bereich der Geschichtsvermittlung aktiv sind, ist aber offen für alle Interessierten.

Patricia Vester (Interventionsgestaltung / rassismuskritische Kunst- und Kulturvermittlung / Prozessbegleitung / Diversity Trainings / Konzepte)

9. Juli, 18 Uhr, Treffpunkt: Bushaltestelle „Lüderitzstraße“
Rundgang durch das „Afrikaviertel“ in Dietrichsdorf
Führung mit Annette Mörke
Anmeldung unter geschichtszentrum@kiel.de

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem „Afrikaviertel“, wann ist es entstanden und wer sind die Personen, nach denen die Straßen benannt wurden? Bei einem informativen Rundgang gibt die Historikerin Annette Mörke Einblicke in die Entstehung des Viertels, das im Fokus der aktuellen Forschungswerkstatt steht. An verschiedenen Stationen werden wir über die sichtbaren kolonialen Spuren ins Gespräch kommen, die Verbindung des Viertels zum Kolonialrevisionismus der NS-Zeit aufdecken und uns über den vergangenen sowie zukünftigen Umgang mit den Straßennamen austauschen.

Annette Mörke ist Stadthistorikerin und bietet Führungen zu verschiedenen Themen in und um Kiel z.B. für das Stadt- und Schiffahrtsmuseum Kiel an.

10. Juli, 16-18 Uhr, Pop-up Pavillon
Neumühlen-Dietrichsdorf: Vom Bauerndorf über den Industrievorort bis zum Fachhochschulstandort
Vortrag von Sönke Petersen

Wie viel ist über die Geschichte des Ortsteils Neumühlen-Dietrichsdorf bekannt, in dem das sog. Afrikaviertel verortet ist? In einem Vortrag zeichnet Sönke Petersen die historische Entwicklung des Stadtteils nach, der erhebliche strukturelle Veränderungen durchlebte. Wie haben sich Neumühlen, ursprünglich ein Handels- und Handwerkszentrum, und das landwirtschaftlich geprägte Dorf Dietrichsdorf zu einer industriellen Vorstadt von Kiel entwickelt? Welche Rollen spielen die Howaldtswerke und die Ansiedelung der Fachhochschule für Neumühlen-Dietrichsdorf? Nach dem Vortrag gibt es Raum für Fragen und Austausch.

Sönke Petersen ist Stadtteilhistoriker in Neumühlen-Dietrichsdorf und erforschte über Jahrzehnte die Ortsgeschichte. 2016 hat er sein Wissen in dem Buch „Arbeiterbewegung, Kommune und Howaldtswerke: Ein Geschichtsbild von Neumühlen-Dietrichsdorf 1864 bis 1924“ veröffentlicht.

11. Juli, 18-20 Uhr, Pop-up Pavillon
Umgang mit „Afrikavierteln“ anderswo – Impulse für Kiel?
Vortrag und Diskussion mit Verena Ebert

In zahlreichen deutschen Städten wurden bis 1945 „ Afrikaviertel“ verfügt, vor allem mit Straßennamen zu Ehren sogenannter Kolonialpioniere in der NS-Zeit. Für solche kolonialen Straßennamen stellen sich heute folgende Fragen: Wie können wir mit diesem kolonialen Erbe umgehen? Und wer entscheidet eigentlich, wie eine Straße benannt oder vielmehr umbenannt wird? Wie verfuhren andere Städte und können wir daraus etwas für Kiel lernen? Verena Ebert zeigt anhand bisheriger Entscheidungsszenarien Versuche einer Dekolonisierung des öffentlichen Raums auf.

Verena Ebert ist Sprachwissenschaftlerin an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und promovierte zu Vergabepraktiken von kolonialen Straßennamen in Deutschland. Seit 2022 ist sie Projektleiterin des DFG-Projekts „Sprachliche Praktiken der Dekolonialisierung? Umbenennung kolonialer Straßennamen“.

12. + 13. Juli, 9-18 Uhr, Pop-Up-Pavillon
Offener Pavillon für alle Interessierten

16. Juli, 18-20 Uhr, Pop-up Pavillon
„an alle orte, die hinter uns liegen“
Lesung mit Sinthujan Varatharajah

Ausgehend eigenen Familienfotos hinterfragt Sinthujan Varatharajah die kolonialen Selbstverständlichkeiten unseres Alltags. Gekonnt verwebt sie*er die eigene Familiengeschichte, globale Kolonialismen und deutsche Asylpolitik. Das Buch musealisiert unsere Lebenswelt und zeigt dabei zugleich, wie eine Reflexion aussehen kann, die die Menschen nicht zum Mittelpunkt der Welt macht. Das Buch übertritt literarisch Grenzen und wird so zu einem sehr schönen, tiefgründigen Leseerlebnis, das zu einer veränderten Wahrnehmung der Welt führen kann.

Sinthujan Varatharajah lebt als freier Wissenschaftlerin und Essayistin in Berlin. Sieer studierte Politische Geographie und war mit der Forschungs- und Kunstinstallation „how to move an arche“ Teil der 11. Berlin Biennale für zeitgenössische Kunst. 2017 –2018 war sie*er Vorstandsmitglied des Beirats für Asylfragen der Europäischen Kommission und arbeitete über mehrere Jahre hinweg für verschiedene Menschenrechtsorganisationen in London und Berlin.

18. Juli, ab 18 Uhr, Die Pumpe
Wie können wir in Kiel weiter forschen?
Gemeinsamer Rückblick und Ausblick mit dem Team vom Zentrum zur Geschichte Kiels im 20. Jahrhundert

Am 18. Juli laden wir herzlich zu einem gemeinsamen Abschluss in die Pumpe ein, um uns mit der Frage zu befassen: Wie können wir in Kiel weiter forschen? Welche Erkenntnisse hat die Forschungswerkstatt hervorgebracht und wie können wir darauf aufbauen? Uns interessieren Eure Eindrücke und Vorschläge zur Gestaltung des globalen Erinnerns in Kiel und eure Erwartungen an das neue Zentrum zur Geschichte Kiels im 20. Jahrhundert. Wir möchten mit euch die Forschungswerkstatt #kielerforschen gemeinsam Revue passieren lassen, aber vor allem mit euch diskutieren, wie wir gemeinsam einen lebendigen Ort für Kieler Stadtgeschichte und Zukunftsoptionen schaffen können.

Die Veranstaltung wird vom Team des Zentrums zur Geschichte Kiels im 20. Jahrhundert durchgeführt. Die Landeshauptstadt Kiel baut im Rathaus Hopfenstraße dieses Geschichtszentrum, das im Herbst 2025 eröffnen wird. Als Forschungszentrum, Bildungseinrichtung und Forum der Vernetzung ist das Geschichtszentrum für die ganze Stadtgesellschaft gedacht. Du bist herzlich eingeladen, dich einzubringen und die Geschichte deiner Stadt mitzugestalten.

Die Veranstaltung findet im großen Saal der Pumpe in der Haßstraße 22 statt.

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