Konflikt um Israel/ Palästina – Stellungnahme der ZBBS

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Am 4. Oktober versammelten sich tausende israelische und palästinensische Mütter in Jerusalem und am Toten Meer, um gemeinsam für eine friedliche Lösung des Konfliktes auf die Straße zu gehen. Die beiden Organisationen „Women Wage Peace“ und „Women of the sun“ erklärten gemeinsam, „Wir, palästinensische und israelische Mütter, sind entschlossen, den Teufelskreis des Blutvergießens zu stoppen und die Realität des schwierigen Konflikts zwischen beiden Nationen zum Wohle unserer Kinder zu verändern.

Drei Tage später richteten Hamas-Terroristen ein entsetzliches Massaker gegen tausende Zivilist*innen in Israel an, das in seiner grausamen Brutalität an die fürchterlichen Verbrechen des IS erinnert. Das einzige Ziel der Hamas war, möglichst viele jüdische Menschen zu ermorden und so den Konflikt erneut maximal zu eskalieren.

Viele der israelischen und palästinensischen Mütter, die für den Frieden kämpfen, wurden nun selbst Opfer dieses Terrors, eine Aktivistin, Vivian Silver, wurde als Geisel duch die Hamas verschleppt.

Dieser kaltblütige und grauenhafte Massenmord, die vielen toten Kinder und Jugendlichen, die Vergewaltigungen und Verschleppungen, all das macht uns sprachlos und verzweifelt. Einmal mehr sehen wir, dass in der Logik des Krieges Menschlichkeit immer auf der Strecke bleibt, dass Hass, Erniedrigung und Entmenschlichung des vermeintlichen „Gegners“ die Wurzeln und die vermeintliche Legitimation aller darauf folgenden Grausamkeiten sind.

Das Abfeiern des Massakers durch vermeintlich mit Palästina solidarische Menschen ebenso wie das Jubeln über die Flächenbombardements in Gaza sind aus unserer Sicht brutaler Ausdruck dieser Entmenschlichung – Menschlichkeit und Empathie werden ebenso wie universale Menschenrechte nur noch selektiv wahrgenommen und angewendet. Der jeweils anderen Seite wird das abgrundtief Böse zugesprochen und darüber der Wunsch nach totaler Vernichtung legitimiert.

Das erklärte Ziel der Hamas ist die Vernichtung und Vertreibung der Jüd*innen aus Israel. Der anschließende Aufruf zur Gewalt gegen jüdische Menschen in aller Welt verdeutlicht einmal mehr den brutalen eliminatorischen Antisemitismus als Kern der unmenschlichen Ideologie der Hamas.

Es geht der Hamas nicht um ein freies Palästina, es geht ihr nicht um ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen, nicht einmal für die Menschen in Gaza.
In der seit Jahren von beiden Seiten hochgedrehten Gewaltspirale nimmt die Hamas mit ihrem Terrorangriff bewusst und gewollt die Reaktion des israelischen Militärs gegen die palästinensischen Gebiete in Kauf, sie ist Kalkül, die Hamas braucht die Zivilbevölkerung, um den Krieg gegen Israel trotz dessen militärischer Überlegenheit fortführen zu können. So ist es auch Teil dieser Logik, die palästinensische Zivilbevölkerung daran zu hindern, aus den bombardierten Gebieten Gazas zu fliehen.

Das Vorgehen des israelischen Militärs gegen vermeintliche Hamas-Stellungen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung oder zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser und andere, ist die andere Seite dieses furchtbaren Konflikts.

Auch in Gaza kamen aufgrund der jüngsten israelischen Bombenangriffe weit über 2000 Menschen ums Leben, die Hälfte davon Kinder. Das Abschneiden Gazas von der elementaren Versorgung, die Flächenbombardements ohne Rücksicht auf die dort lebenden Menschen und ohne ihnen die Möglichkeit zur Flucht zu geben, die unzähligen toten und verwundeten Zivilistinnen, all diese Grausamkeiten sind nur möglich wegen der jahrelangen rassistischen Entmenschlichung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Staatspolitik. Nur vor diesem Hintergrund können wir uns die immer wieder ertönenden Aufrufe erklären, den Gazastreifen mit seinen zwei Millionen Bewohnerinnen, davon einer Million Kindern, „endgültig dem Erdboden gleichzumachen“, um die Hamas „auszulöschen“.

Wir verurteilen die Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilist*innen. Die Basis unseres Handelns ist Menschlichkeit, Empathie und Solidarität – unsere Solidarität gilt den Menschen, allen Menschen, die in diesem Krieg die Opfer sind, ihr Leid missbraucht für Progandazwecke, als Verhandlungsmasse, ihre Körper missbraucht als Schutzschilder, ihre toten Kinder missbraucht als Rechtfertigung, weitere Kinder zu töten.

Wir sind solidarisch mit allen Menschen, die Opfer dieses grausamen Krieges sind, die ihre Angehörigen und Liebsten verloren haben, deren Lebensgrundlagen zerstört wurden.
Wir sind solidarisch mit allen Menschen, die für ein Ende dieser sinnlosen Gewaltspirale eintreten und die sich trotz des Krieges ihre Menschlichkeit und ihre Empathie bewahren.

Die Aufbruchsstimmung der palästinensischen und israelischen Frauen und Mütter wurde durch das Hamas-Massaker jäh zerstört. Nun sind es wieder vor allem Männer, die das Heft des Handelns in der Hand haben, der Ruf nach Frieden wird übertönt vom Ruf nach Krieg, Rache, Vergeltung und Vernichtung. Die Stimmen derer, die wissen, dass der Konflikt nicht militärisch sondern nur politisch gelöst werden kann, werden erneut in den Hintergrund gedrängt.

„Wenn der Krieg vorbei ist, nachdem wir alle Opfer begraben haben, können wir den Konflikt nicht weiter ‚managen‘. Heute ist klarer denn je: Wir müssen uns für eine politische Lösung des Konflikts einsetzen, denn wir können seinen Preis nicht mehr bezahlen.“ (Women Wage Peace, Israel)

Wir wünschen uns und möchten dazu beitragen, dass diese Stimmen wieder laut werden und endlich eine politische Lösung des Konflikts erreicht wird.
So wie die Stimmen der israelischen und arabischen Mütter, die nach dem Hamas-Massaker erklärten:

„Wir müssen dafür sorgen, dass die Gewalt nicht weiter ausartet – nicht gegen Araberinnen und nicht gegen Jüdinnen. Wir rufen dazu auf, nicht aus Rache zu handeln! Wir müssen uns in diesen schwierigen Zeiten als menschliche Wesen verhalten. Wir reichen den Müttern in Gaza weiterhin eine Hand des Friedens, im Geiste des ‚Aufrufs an die Mütter‘, den wir geschrieben haben, in der Hoffnung, dass auch sie uns die Hand reichen.“

Die ‚Women Wage Peace‚ und ‚Women Of The Sun‘ starteten im September den „Mother’s Call“, ein Aufruf zum Frieden und zu einer politischen Lösung des Konflikts, er ist gleichzeitig eine Bitte an alle Menschen weltweit, den Aufruf zu unterstützen.
–> „Mother’s Call“
“Wir, palästinensische und israelische Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, sind vereint in dem menschlichen Verlangen nach einer Zukunft in Frieden, Freiheit, Gleichheit, Rechten und Sicherheit für unsere Kinder und die nächsten Generationen.“(aus dem Mother‘s Call)

Teilt den Aufruf und lasst uns alle einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die Stimmen für eine friedliche Lösung wieder stark werden und dass der Ruf nach Menschlichkeit und Solidarität wieder gehört wird.

Lasst uns in unsereren Städten und Regionen weiterhin entschieden gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus eintreten. Jede Bedrohung und jeder Angriff auf jüdische Menschen oder Einrichtungen wegen des israelischen Vorgehens ist Antisemitismus, jedes pauschale Misstrauen und jeder Hass gegen Muslime wegen des Hamas-Terrors sind antimuslimischer Rassismus! Solidarität heißt auch, uns schützend vor diese Menschen zu stellen, die oftmals nicht nur hier bei uns gehasst, angegriffen und ausgegrenzt werden, sondern auch in ständiger Angst um Freund*innen und Familie in Israel oder den palästinensischen Gebieten leben.

ZBBS, 16.Oktober 2023

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